Von Georg Meck
Manager sind nicht ratlos. Und wenn, geben sie es nicht zu. Tun sie es doch, dann ist die Lage ernst. So kleinlaut, wie die Lenker der Autoindustrie gegenwärtig daherkommen, muss es sehr schlimm stehen: „Wir fahren auf Sicht“, klagen sie im Chor, die Kapitäne in der deutschen Königsklasse: Dieter Zetsche (Daimler), Norbert Reithofer (BMW), Wendelin Wiedeking (Porsche). Allesamt gestandene Manager, für gewöhnlich um keine rhetorische Figur verlegen. Seltsam mutlos reden sie jetzt daher. Kein Optimismus, keine forsche Vision. Stattdessen Wehklagen über „die schwerste Krise in der Geschichte“. In der Premiumliga ist das große Heulen und Zähneklappern ausgebrochen. Die Aktienkurse? Ein Trauerspiel. Die Stimmung? Am Boden. Der Absatz? Ein Desaster.
Können die kleinen Hersteller alleine überleben?
BMW wie Mercedes haben im November gegenüber dem Vorjahr ein Viertel weniger Autos verkauft. Porsche ergeht es kaum besser, nur wird die Misere dort von dem Milliarden stiftenden VW-Coup überdeckt. Für das Kerngeschäft rechnet man auch in Zuffenhausen mit düsteren Zeiten. „Der Abwärtstrend wird sich in den nächsten Monaten noch beschleunigen“, ist allerorten von der Vertriebsfront zu hören. Was im Frühjahr an Autos ausgeliefert wird, müsste jetzt bestellt werden - wird es aber nicht. Die Autohäuser sind leer, die Lager voll. Die Hersteller korrigieren die internen Planzahlen für 2009 stetig nach unten, manchmal mehrmals binnen eines Tages, berichten Zulieferer. Schon wird in der Branche diskutiert, ob so feine, aber im Weltmaßstab kleine Marken wie BMW und Mercedes als eigenständige Hersteller überleben können, zumal der Börsenwert bereits bedenklich geschrumpft ist.
Nach den Feiertagen droht die Kurzarbeit
Er könne nicht absehen, wenn der Sturm vorüber sei, gestand BMW-Chef Norbert Reithofer seiner Mannschaft am vorigen Donnerstag in einer Betriebsversammlung. Die Stimmung in der Fabrikhalle war ernst, der Lage angemessen. Frühestens im zweiten Halbjahr 2009 rechnen sie bei BMW mit einer anziehenden Nachfrage. So lange hilft nur eines: Die Produktion wird gedrosselt. Im Münchner Stammwerk ruht seit Freitag die Arbeit. Fünf Wochen Weihnachtspause hat der Konzern angeordnet, wie ein BMW-Sprecher bestätigt. Eine ausgiebige Ruhe über die Feiertage ist das erste Mittel, mit dem Schock fertig zu werden, der Abbau von Arbeitszeitkonten das nächste. Wenn die abgeräumt sind, droht Kurzarbeit: Mercedes hat jetzt entsprechende Pläne auf alle Standorte ausgeweitet. Mehrere zehntausend Mitarbeiter sind betroffen. Auch BMW schließt solche Schritte nicht mehr aus - so wenig wie einen weiteren Stellenabbau, nachdem dieses Jahr bereits 8100 Jobs gestrichen wurden.
Die Märkte sind auf Talfahrt
In Stuttgart trösten sich die Mercedes-Werker noch damit, dass ein Standortpakt Kündigungen bis zum Jahr 2012 ausschließt, Katastrophen wie die gegenwärtige sind in dem Papier freilich nicht vorgesehen. So warnt der Verband der Automobilindustrie bereits davor, dass nächstes Jahr massenhaft Stellen gefährdet seien: „Die Märkte haben - nahezu zeitgleich mit dem Zusammenbruch des Hauses Lehman - eine Talfahrt aufgenommen, wie es sie in Tempo und Ausprägung vorher nie gegeben hat.“ Gewiss, Krisen gab es in der Autoindustrie immer wieder. Nur waren die meist weit weg, gerne in Amerika. Die gebeutelten drei in Detroit - General Motors, Chrysler, Ford - leiden seit Jahren mehr oder minder selbstverschuldet vor sich hin. Auch die französischen Massenhersteller erlaubten sich das ein oder andere Malheur. Die deutschen Konzerne dagegen trugen das Schild „Premium“ vor sich her. In Bedrängnis gerieten sie allenfalls dann, wenn sie im Übermut teure Fehleinkäufe tätigten: BMW mit Rover, Daimler mit Chrysler. Milliarden hat das gekostet, und dem ein oder anderen Vorstand auch den Job.